Industrieverband langlebige Kunststoffprodukte und Mehrwegsysteme e. V.
Aktuelles Kunststoffverarbeitende Industrie: Forderung nach Wachstumsagenda

Allgemein Kunststoffverarbeitende Industrie: Forderung nach Wachstumsagenda

Deutlicher Rückgang bei Umsatz und Produktion, kaum Besserung in Sicht: Die Pressekonferenz des Gesamtverbands Kunststoff verarbeitende Industrie lieferte ernüchternde Ergebnisse. Der Rückgang im Bausektor, die schwache Nachfrage nach Konsumgütern sowie Produktionseinbrüche in der Chemie hinterließen ihre Spuren. Eine vom GKV klar ausgearbeitete Wachstumsagenda für Deutschland könnte Abhilfe schaffen.

15.02.2024, Frankfurt a.M.
Gute Resonanz bei Journalisten und Stakeholdern, enttäuschende Wirtschaftszahlen: Die traditionelle GKV-Aschermittwochspressekonferenz

Schrumpfende Umsätze, verhaltende Geschäftserwartungen, sinkendes Beschäftigungsniveau: Die Zahlen, die der Gesamtverband Kunststoffverarbeitende Industrie (GKV) jüngst auf seiner Jahres-Wirtschaftspressekonferenz präsentierte, spiegelten die angespannte Lage der Wirtschaft hierzulande wider. Nach GKV-Angaben sank der Umsatz der Kunststoffverarbeiter in 2023 gegenüber dem Vorjahr um etwa sechs Prozent auf 72,5 Mrd. EUR. Besonders deutlich fiel der Rückgang mit knapp zehn Prozent im Inlandsgeschäft aus, während sich der Export mit einem Minus von 0,3 Prozent relativ stabil zeigte. Die Menge der verarbeiteten Kunststoffe ging im vergangenen Jahr weiter zurück, nämlich um neun Prozent auf jetzt noch 12,7 Mio. t (2022: 13,6 Mio. t).

Die Ursachen für das schwächelnde Geschäft sah Verbandspräsidentin Dr. Helen Fürst vor allem hausgemacht: Steigende Energiepreise und höhere Zinsen hätten zu Verunsicherung und Konsumunlust in der Bevölkerung geführt. Dazu kämen eine Regelungsflut und immer mehr Bürokratie. Doch an welchen Stellschrauben muss gedreht werden, damit die Kunststoff verarbeitende Industrie wieder in die Spur findet? Dr. Fürst und GKV-Hauptgeschäftsführer Dr. Oliver Möllenstädt sprachen sich deutlich für eine Wachstumsagenda aus und skizzierten vier Themen, die aus Sicht der Kunststoffverarbeiter besonders entscheidend seien: Energie, Bürokratie, Investitionen und Digitalisierung. So warb Dr. Fürst für ideologiefreie Lösungen, um wieder zu wettbewerbsfähigen Strompreisen zu kommen. Treibhausgasneutralität und Kreislaufwirtschaft seien Ziele, die von der Kunststoffindustrie geteilt würden, aktuell fehle es allerdings an langfristigen Perspektiven am Standort Deutschland. Neue Vorschriften sowie Berichts- und Nachweispflichten – Stichwort Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz – auf europäischer Ebene gefährdeten die Existenz hiesiger Unternehmen weiter. Deutschland und Europa bräuchten ein wirksames Stoppschild gegen Bürokratie, so Dr. Fürst.

Negativbeispiel Fluorpolymere

Wie schädlich mitunter bereits Vorschläge für neue Vorschriften für die Wirtschaft seien, zeigten die massiven negativen Auswirkungen der Diskussion über ein Verbot von PFAS auf die Hersteller und Verarbeiter von Fluorpolymeren. Das Beschränkungsverfahren zur PFAS-Stoffgruppe läuft ohne differenzierte, stoff- und anwendungsspezifische Risikobewertung. Dabei verfügen etwa die ebenfalls in dieser Stoffgruppe eingruppierten 38 Fluorpolymeren über ein gänzlich anderes Sicherheitsprofil als die übrigen rund 10.000 PFAS. Kämen hier weitreichende Beschränkungen, würde sich die Abhängigkeit Europas bei Hochleistungskunststoffen erhöhen, während die Ziele des Green Deal kaum erreichbar wären.

Digitales Aufbäumen

In Sachen Digitalisierung und Industrie 4.0 gelte es, die dahinter stehenden Chancen konsequenter zu heben, forderte Verbandspräsidentin Dr. Fürst. Digitale Technologien und Künstliche Intelligenz ermöglichten es der mittelständischen Industrie, mit deutlich weniger Arbeits- und Fachkräften auszukommen. Deutschland laufe aktuell aber Gefahr, bei der Digitalisierung international den Anschluss zu verlieren. So fehle es an einem systematischen Wissensaufbau über die Möglichkeiten digitaler Technologien in der Industrie, von der Schule über die Berufsausbildung bis hin zu Studium und Forschung. Helfen könnten Investitionen in eine Digitalisierungsstrategie für den Mittelstand und generell ein KI-freundliches Umfeld.

Einschätzung der Mitglieder

Den Blick von der Makroperspektive hinein in die Betriebe lieferte die traditionelle GKV- Meinungsumfrage unter den Mitgliedsunternehmen. Beteiligt waren diesmal 200 Unternehmen und 250 Unternehmensstandorte. Generell zeigte sich: Die Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandortes Deutschland ist unter Druck, wie die schwächeren Außenhandelszahlen der Kunststoffindustrie unterstrichen. Als zunehmend problematisch erweisen sich die gestiegenen Kosten, etwa für Strom, Gas und Personal. Beachtliche 83 Prozent der im Rahmen der GKV-Umfrage befragten Unternehmen gaben an, diese nicht oder nur teilweise an ihre Kunden weitergeben zu können. Schon an vierter Stelle stehen dabei in der Rangliste Bürokratiekosten, die demnach ein wichtiger Hebel sind, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Branche zu sichern.

Über 40 Prozent der Unternehmen bauten laut Umfrage zuletzt Personal ab. Dies ist insofern besorgniserregend, als dass Kunststoffverarbeiter im Durchschnitt gut bezahlte Industriearbeitsplätze bieten – häufig ein Alleinstellungsmerkmal der Branche im ländlichen Raum. Ein Lichtblick in der Umfrage: Fast ein Viertel der befragten Mitgliedsunternehmen gaben an, bereits jetzt komplett oder fast komplett klimaneutral zu produzieren oder einzelne Produkte klimaneutral herzustellen.

Die Umsatzerwartungen für das Jahr 2024 fielen verhalten aus. 45 Prozent der befragten Unternehmen erwarten einen (weiteren) Umsatzrückgang, im Durchschnitt um acht Prozent. Ausblick und Fazit von Dr. Helen Fürst fielen am Ende der Pressekonferenz dementsprechend negativ aus: „Die Ernsthaftigkeit der Situation ist vielen Politikerinnen und Politikern weiterhin nicht bewusst; es mangele insbesondere am Verständnis für die Zusammenhänge, die in die Krise führen und daran, was in den Unternehmen Tag für Tag los ist. Es wirkt so, als wären die politischen Entscheider ein stückweit überrascht von der Komplexität der anstehenden Aufgaben.“


Foto als Download (Copyrights: GKV)

Aktuelle Zahlen und Daten aus der Pressekonferenz als pdf-Dokument


pro-K
Als Trägerverband des Gesamtverband der Kunststoffverarbeitenden Industrie e.V. (GKV) vertritt der pro-K Industrieverband langlebige Kunststoffprodukte und Mehrwegsysteme e.V. als Spitzenverband die Hersteller von Konsum- und Halbfertigprodukten aus Kunststoff gegenüber Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.

Dr. Patrick Kohlas
Telefon +49 69 40 89 555 46
E-Mail: patrick.kohlas@pro-kunststoff.de